15. Todestag von Gerhard Schäfer (07.07.2010)

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    • 15. Todestag von Gerhard Schäfer (07.07.2010)

      15. Todestag von Gerhard Schäfer (07.07.2010)

      Im August 1993 schrieb das Catch-Magazin vom Dream Team Verlag: “….Sie sind DER Fachmann schlechthin.” Gemeint war damit der ehemalige Archivar vom “Internationalen-Berufsringkämpfer-Verband (IBV)” - Gerhard Schäfer. 64 Jahre hat ihn der Ringkampf begleitet, beeinflusst und letztlich auch sein Leben maßgeblich bestimmt. Von der Wiege bis zur Bahre - ein Leben voller Hingabe und Leidenschaft für das Wrestling, was es so in Deutschland nur einmal gab. Am 07. Juli 1995 starb der größte deutsche Wrestlinghistoriker des 20. Jahrhunderts.

      Gerhard Schäfer erblickte 1921 in Königsberg, Ostpreußen das Licht der Welt. Ostpreußische Tugenden kombiniert mit deutscher Gründlichkeit sind zwei Merkmale seiner akribischen Arbeit gewesen. 1931 sah er im örtlichen Messe-Hauptrestaurant sein erstes Ringkampfturnier. Die Begeisterung schlug sich danach im Sammeln von Zeitungsartikeln nieder. Es fing alles klein an und erreichte am Ende riesige Ausmaße. Schäfer wollte selbst erst als Ringer starten und trat dem “SC Sandow Königsberg” bei. 1938 siegte er bei den Ostlandkämpfen in Osterode im Jugendschwergewicht. Der 2. Weltkrieg machte jedoch alle weiteren Hoffnungen zunichte. Die Familie zog nach Salzgitter, um dort ein neues Leben zu beginnen. Ab Ende der 40er Jahre begann Schäfer mit dem Aufbau eines eigenen Archivs, das Insider noch heute als “Ringkampfarchiv Gerhard Schäfer” kennen. Zeitungsartikel, Kampfstatistiken, Magazine - wer etwas wollte, musste nur nach Salzgitter schreiben. Eine Antwort bekam man immer und das auch weltweit. Schäfer knüpfte viele Kontakte wie etwa zu Verne Gagne oder Karl Gotch. Diese Möglichkeiten ergaben sich aus seinem breiten Spektrum an Tätigkeiten und Funktionen. Im Laufe seines Lebens ist Schäfer vor allem als vielseitiger Mensch bekannt geworden. Er war Verleger, Schriftsteller, Historiker, Verbandsfunktionär, Pressewart, Kassenwart und natürlich auch Ringkampftrainer seines Heimatvereins in Salzgitter-Gebhardshagen.



      1950 lernte er den großen deutschen Wrestlingpromoter Gustl Kaiser vom IBV kennen. Eine Freundschaft fürs Leben entstand und Kaiser ermöglichte ihm letztlich auch den Zugang zur deutschen Profiszene. Schäfer übernahm das Amt des Archivar im IBV. Führte Listen, Protokolle und Wettkampfberichte in allen erdenklichen Richtungen. Durch die Kontaktaufnahme zum VDB (Verband-Deutscher-Berufsringer) Turnierleiter Paul Berger, erreichte Schäfer auch das andere Lager der damaligen Szene in Deutschland. Von einer CWA war dort noch lange nichts zu hören. Ab 1967 erstellte Schäfer per Schreibmaschine einige Kampfstatistiken, die er als “The History of Wrestling in Germany” bezeichnete. Die losen A4 Seiten erhielten später, nach mehreren Umbenennungen, den Titel “Wrestling in Germany”. Das war der erste Wrestling-Newsletter in Deutschland. Vom Format und der Machart her wirkte er sehr primitiv, was angesichts der begrenzten Möglichkeiten damals aber nicht verwunderlich war. Schäfer vervielfältige diesen Newsletter mittels Blaupause und Matrize. Die fertigen Seiten schickte er an Interessenten auf der ganzen Welt. So etwa auch an viele Magazine oder Newsletter. Aus dem Bestand von Schäfer erhielten das schon erwähnte Catch Magazin sowie das Wrestling Telegramm viele Berichte und Zeitungsartikel. Trotz seiner primitiven Art erschien der “Wrestling in Germany” Newsletter über 25 Jahre lang.

      Weltweite Kontakte führten dann ab den 60er Jahren auch zur Zusammenarbeit mit dem renommierten Historiker Tom Gannon. Dieser hatte sein Konzept einer monströsen Liste aus Turnierdaten bereits teilweise in die Tat umgesetzt, die mit Schäfer’s Unterstützung am Ende über 2000 Seiten umfasste. Gannon nannte sie “A History of Wrestling”. Das größte Projekt startete Schäfer ab Anfang der 80er Jahre mit der Serie “Wrestling Archives”. Eine 37-teilige Schriftenreihe, die einige große Wrestler wie Ed “Strangler” Lewis informativ charakterisiert. Die einzelnen Teile wurden mit Fotos, Turnierlisten und Zeitungsartikeln untermauert. Eine Arbeit, die er bis an sein Lebensende fortführte und doch nie fertig werden konnte, weil es schlicht zu viele Leute waren. Eine herausragende Tätigkeit von Schäfer war etwa noch die des Verlegers. Er übernahm den Vertrieb für ausländische Wrestlingmagazine und bald gab man ihm die Bezeichnung “Europakorrespondent”. Gerhard schrieb Berichte für amerikanische Magazine und seine Meinung erschien auch in österreichischen Programmheften. Über den Vertrieb von Schäfer liefen auch innerdeutsche Verbandszeitschriften, die in ihrer Gesamtzahl hier gar nicht erwähnt werden können.

      Schäfer schwebte fast ständig zwischen dem Amateur- und Berufsringkampf. Ein Umstand, der durch seine Vielseitigkeit zustande kam. Auch nach seiner Pensionierung 1990 auf Verbandsebene, blieb Gerhard Schäfer allem treu und investierte seine Zeit in weitere Projekte, die der deutschen Szene nur zu Gute kommen konnten. Vielfach ist er ein klassischer Historiker gewesen, der sich vom modernen Wrestling aus Amerika eher abgrenzte. Aber die Verbindung zum Diesseits erhielt er durch Anfragen vieler Newsletter aufrecht, die er selbst am Krankenbett noch beantwortete. Ende 1994 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand, was ihn aber nicht dazu bewegte komplett aufzuhören. Gerhard Schäfer starb am 07. Juli 1995 im Alter von 74 Jahren in Salzgitter. Das Land Niedersachsen hat den Nachlass von ihm erworben und ab 1997 für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

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