14.04.2010, 20:04
Biographie: Evan Lewis - The Original Strangler
[Bild: http://www.wwf4ever.de/team/ronald/Lewis.jpg]
Den Namen "The Strangler" bringt man unweigerlich mit Ed Lewis, alias Robert Friedrich, in Verbindung. Ed Lewis war der Mann, der diesen Namen berühmt machte. Doch die Geschichte des Stranglers begann bereits 20 Jahre vor ihm. Im 19.Jh. kämpfte ein Pionier des Amerikanischen Wrestlings in den größten Matches dieser Epoche. Er ist wohl einer der unbekanntesten Wrestler. Selbst Insider können nur wenig in Verbindung bringen mit dem Namen Evan Lewis, dem originalen Strangler. Er hat als Pionier viel bewirkt und war entscheidend am Aufbau des Profisports beteiligt. Man kann die Wrestler der unterschiedlichen Zeitspannen nur schwer miteinander vergleichen. Jeder war in gewisser Weise ein Champion seiner Zeit. Die nächste Generation verkörperte hingegen schon wieder einen anderen Stil. Die Struktur des Wrestlings setzte sich noch vollkommen anders zusammen, als heute. Damalige Wrestler verkörperten den Stil des Wrestlings in ihrer Zeit. Die Charaktere von damals sind allerdings so unterschiedlich, dass sie kaum einen Vergleich zulassen. Lewis war, neben Martin Burns und William Muldoon, einer der drei großen Wrestlingpioniere in Nordamerika.
Evan Lewis wurde am 24. Mai 1860 in dem kleinen Ort Ridgeway, Iowa County im US-Bundesstaat Wisconsin geboren. Über seinen Geburtsort gibt es unterschiedliche Angaben: Ridgeway gab ein Nachfahre von Lewis an. Beloit/Wisconsin gab der damals bekannte Ringrichter Edward D. Smith an. Smith schrieb kurz vor seinem Tod eine umfangreiche Publikation über seine Erlebnisse als Ringrichter. In diesem Bericht ging er auf zahlreiche Charaktere des Wrestlings ein. Hauptsächlich beschrieb er wichtige Wrestler wie Frank Gotch oder George Hackenschmidt. Diese beiden Athleten waren lange Zeit die dominierenden Erscheinungen Anfang des 20.Jh.. Gerade sie lieferten sich die größten Matches und füllten so manche Titelseiten.
Spekulationen und Gerüchte spiegeln einen Teil von Lewis‘ Leben wieder. An einigen Stellen kann zwar ein gewisser Zusammenhang hergestellt werden, aber an anderer Stelle fehlen die Informationen total. Doch das ist kein seltenes Phänomen. Bei alten Champions im 19.Jh. kann man Vieles nicht mehr nachvollziehbar auswerten. Zum einen fehlt schlichtweg das Material, und zum anderen sind viele Matches gar nicht erst festgehalten worden. Als gute Informationsquellen erweisen sich die Zeitungen aus dieser Zeitspanne. Da sie oft über anstehende Matches berichteten, konnte man eine gewisse Liste an Matches zurückverfolgen. Doch das Problem, mit den nur schwer auswertbaren Daten, betraf nicht nur die Person Evan Lewis. Generell beschäftigten sich damals sehr wenige Menschen mit der Dokumentation von Wrestlinggeschichte. Und hier liegt auch drin begründet, warum es Mythen und Legenden über viele damalige Wrestler gab.
Evan Lewis war das vierte Kind von William und Elizabeth Lewis. Sein Vater wurde 1822 in Wales geboren, die Mutter 1829 in England. Die Familie entsprach dem typischen Bild der Zeit: Viele Menschen lebten im 18. und 19.Jh. noch auf dem Lande. Selbst solche riesigen Städte wie New York oder Los Angeles hatten damals nur ein paar tausend Einwohner. Das große Leben spielte sich also zwangsläufig auf dem Lande ab. Der Vater William Lewis besaß in Ridgeway eine große Farm und arbeitete als Schlachter. Die Familie von Evan hatte ebenfalls viele Mitglieder. So sind alleine acht Geschwister überliefert. Doch das war damals nicht ungewöhnlich. So wuchs der kleine Evan auf einer der zahlreichen großen Farmen der USA auf. Evan half seinem Vater auf der Farm. Die doch enorm harten Arbeiten, die dabei angefallen sind, trainierten aber auch zugleich den Körper von Evan. So hatte er bereits im Alter von 15 Jahren einen gut gebauten athletischen Körper. Die ländlichen jungen Athleten trainierten fast nie mit Gewichten. Und wenn, dann bauten sie sie selbst zusammen.
Auffallend bei fast allen Wrestlern im 19.Jh., die von einer Farm kamen, war deren stark ausgeprägte Nackenmuskulatur. Das war etwa bei Leuten wie Martin Burns der Fall. Die Arbeit war knochenhart und beanspruchte den ganzen Körper. Viele Männer dachten sich dabei auch die unterschiedlichsten Trainingsmethoden aus. So kam allmählich das Holzhacken als Training in Mode. Auch das Hammerwerfen oder das Stemmen von Tieren und Gegenständen wurde ins Training einbezogen. Jeder der frühen Athleten hatte so seine eigene Variante des Trainings. Die Zeit auf der Farm war für Lewis allerdings von Anfang an uninteressant. Zunehmender interessierte er sich für das Wrestling. Wer ihn sich auf den Bildern genauer betrachtet, der kann aber kaum einen gut gebauten Körper erkennen. Aber das täuscht. Viele Gegner haben ihn unterschätzt, da er ja kein Schwergewicht war, und das während des gesamten Zeitraumes seiner Karriere. Die meiste Zeit verbrachte Evan dort, wo er aufgewachsen ist, in Madison/Wisconsin. Nur noch selten war er draußen auf der Farm in Ridgeway, westlich von Madison. Sein Weg führte ihn Anfang der 1880er Jahre in den weiter westlich gelegenen Bundesstaat Montana.
Das Pro-Wrestling und damit auch der Profiringkampf begann sich gerade erst zu entwickeln. Die "Pro-Wrestling Ära" setzte in Nordamerika um 1880 ein. In dieser Zeit versuchten eine handvoll bekannter Wrestler in das Profigeschäft einzusteigen. Das Problem war nur, dass es so gut wie keinen professionellen Sport gab. Vorher waren alle Wrestler mehr oder weniger Amateure. Sie erlernten das Wrestling, das damals noch ein wirklicher harter Mattensport war, unter einfachsten Bedingungen. Da gab es die Wrestler, die auf Jahrmärkten und im Zirkus kämpften. Manche wanderten als Ausflügler von zu Hause aus und durchstreiften ganz Nordamerika. Andere Wrestler kämpften in Bars und Theatern. Wieder andere kämpften in den Streitkräften der USA oder auf der heimischen Farm. Die ganze "Wrestlingszene" war rundum erst im Aufbau. In den Anfängen des Pro-Wrestling um 1880 waren in Amerika lediglich einige wenige Wrestler und Boxer bekannt. Um wenigstens national bekannt zu sein, musste man aber schon ein paar Kämpfe zwischen New York und Los Angeles sowie Chicago und New Orleans hinter sich gebracht haben. Obwohl die Ära der Jahrmarkt-und Kirmeswettkämpfe noch einen großen Zuspruch fand, begannen die Wrestler nach Ende des Amerikanischen Bürgerkrieges 1865, ihren Sport verstärkt professionell auszuüben. Es wirkt vielleicht primitiv, aber für die damaligen Wrestler war es im Prinzip die einzige Möglichkeit ins Profigeschäft einzusteigen. Und genau diese Wrestler waren für den Übergang des Wrestlings von Jahrmärkten in die Clubs und Veranstaltungshallen verantwortlich.
Die "Gaslicht Ära" ist angebrochen. In jene Zeit fällt auch das Debüt des Evan Lewis als Wrestler. In den USA fehlte es aber an einigen Stellen am Professionalismus. So waren die Wrestlingkämpfe äußerst brutal, dauerten oft Stunden und waren wenig unterhaltsam. Selbst im Boxen schlug man sich mit bloßen Fäusten, solange bis die bekannten "Queensberry Regeln" von 1866/67 den Einsatz von Boxhandschuhen vorschrieben. Benannt wurden diese nach dem achten Markgrafen von Queensberry, John Sholto Douglas. Die Wrestler in den Streitkräften hatten so ihre eigene "Szene" aufgebaut. So veranstaltete man schon hier etliche Wrestlingturniere in den Camps der Soldaten, um die Moral in der Truppe aufrechtzuerhalten. Doch nach Ende des Krieges 1865 verfielen diese Turniere, da man das Wrestling allmählich als Geldgeschäft entdeckte und einige geschickte Veranstalter es gut vermarkteten. Doch um das Interesse am Wrestling zu steigern, mussten Veränderungen her, wie Zeitlimits, Kampfregeln und vor allem Veranstaltungshallen. Das Groh der Kämpfe wurde nämlich bis Mitte des 19.Jh noch unter freiem Himmel ausgetragen. Das war wahrlich manchmal für die Zuschauer nicht angenehm, vor allem wenn ein Match 6 Stunden dauerte. Aber auf Grund der einsetzenden Veränderungen in den 1880er Jahren, wurde Wrestling bis zur Jahrhundertwende 19./20.Jh. zu eine der populärsten Sportarten der USA neben Baseball und Pferderennen.
Die Veranstaltungen an denen die Wrestler teilnahmen, in der Zeitspanne 1750 bis 1880, wirken im heutigen Vergleich sehr primitiv. Die meisten Wrestler vor Lewis, wie James Hiram McLaughlin und Henry Moses Dufur, waren als Ausflügler unterwegs und traten häufig bei Kirmesveranstaltungen auf, oder sie waren im Zirkus unterwegs. Überhaupt versprachen solche Auftritte nie den großen Erfolg. Was man brauchte waren eben Veranstaltungshallen. Das jedoch war Mitte des 18.Jh. noch unvorstellbar. Zwar konzentrierte sich das Wrestling bereits um 1800 auf einige Bereiche der USA, wie etwa Vermont, Virginia und Louisiana, aber der meiste Teil der Veranstaltungen fand sowieso lokal/regional statt. Und diese wurden manchmal selbst im benachbarten Dorf kaum beachtet. Wie sollte man da bekannt werden? Selbst im angrenzenden Bundesstaat sind viele Wrestler noch vollkommen unbekannt. Das traf auch auf Lewis zu. Viele hatten nur einen Namen in ihrer Heimat, oder dort wo sie oft auftraten. Häufig setzte man nur ein Match pro Show fest. Nicht selten verliefen Matches hier über Stunden. Die Zuschauer sahen dann, wie stundenlang irgendwelche Rangeleien ausgetragen wurden. Selbst zu Beginn der Pro-Wrestling Ära hatte man noch kein generelles Zeitlimit eingeführt. Das bemerkte man damals besonders bei den Kämpfen zwischen William Muldoon und Clarence Whistler, die sogar 10 Stunden miteinander rauften. In den 1880er Jahren setzten dahingegen einige Veränderungen ein, was u.a. Zeitlimits und Regeln betraf.
Die angesprochenen Veränderungen kamen natürlich den Wrestlern dieser Zeitspanne zu Gute. In Lewis‘ Ära setzte die sogenannte "Gaslicht Ära" des späten 19.Jh. ein. Man hatte plötzlich eine Vielzahl von Veranstaltungshallen, in denen das Licht mit Gas erzeugt wurde. In diesen Tagen eine sehr kostspielige Angelegenheit. Die Erzeugung von Licht durch Gas war aufwändiger, als die durch elektrischen Strom. Auch war der Verdienst und die Einnahmen bei den Shows nicht unbedingt hoch. Die Kosten für die Hallenmiete, das Licht und die Gagen haben die Einnahmen fast vollkommen verschlungen. Die größte Einnahmequelle waren die Wetteinsätze. Diese konnten unterschiedlich hoch ausfallen. Mit dem Verkauf von Eintrittskarten, erzielte man noch nicht den großen Gewinn. Das Wetten übertraf alles andere, solange bis die Zuschauer bemerkten, dass bei den großen Kämpfen oft etwas nicht stimmte. Während der "Gaslicht Ära" entstanden zahlreiche Opernhäuser und Theaterhallen, wie etwa die alterwürdige "Battery D Armory" in Chicago. Wie Pilze aus dem Boden schossen Bars, Lokale und Saloons. In Amerika entstand somit eine eigene Wrestlingszene, die sich enorm von der auf dem Lande unterschied. Während die Wrestler in New York und Chicago schon gutes Geld verdienen konnten, blieb die Situation auf den Jahrmärkten ziemlich primitiv. Nicht viele Wrestler konnten hier wirklich aufsteigen. Erst in den großen Städten kam der Durchbruch, und der Aufstieg zum Profi. Die großen Zentren des Wrestlings während der "Gaslicht Ära" waren Chicago, New Orleans, San Francisco, Boston und New York. Obwohl sich in New York noch lange die Boxszene konzentrierte. Hier an der Ostküste hatten sich drei Leute einen hohen Namen erarbeitet. Der ehemalige Polizist William Muldoon, der Chefredakteur der New Yorker „Police Gazette" Richard Kyle Fox, und der Besitzer zahlreicher Bars, Clubs und Theater, Harry Hill. Besonders Hill ist mit der "Gaslicht Ära" eng verbunden. Nicht nur als Ringrichter trat er in Erscheinung. Er gründete in New York den "Harry Hill´s Club". Ein Club, wo zahlreiche Boxer und Wrestler trainierten. An abendlichen Veranstaltungen trafen sich hier die größten Stars des 19.Jh.. Auch die feine Gesellschaft ging bei Harry Hill ein und aus. Bekannte und beliebte Treffpunkte in ganz New York, waren Hill´s Theater in der Houston und Crosby Street. Die "Szene" in New York war für Lewis weniger von Interesse. Ein Großteil seiner Karriere bestritt er in Chicago. Hier fand man größere Kämpfe der aufstrebenden "catch-as-catch-can" Wrestler, wie Lewis einer war.
Das Interesse für den Wrestlingsport entdeckte er zwar schon früh, auf der Farm im heimischen Ridgeway, doch hier konnte man damit kein Geld verdienen. Ruhm hatten sich selbst die namhaften Wrestler jener Zeit erst sehr schwer erkämpfen müssen. Allmählich wuchs Evan zu einem Mann heran, der mehr im Sinn hatte, als nur Farmer zu werden. Nach dem Tod seines Vaters 1874 musste sich Evan ein eigenes Standbein schaffen. Dass bedeutete einen enormen Lebenswandel, hin zu mehr Selbstständigkeit. In Lewis' Ära machte sich in den USA das Problem mit dem "Erstgeborenenrecht" bemerkbar. Die Farmer und Ranger vererbten ihr Land normalerweise an das älteste Kind. Doch was sollte nun aus den anderen Kindern werden? Sie hatten meist nichts, waren arm und mussten ums Überleben kämpfen. Auch Evan, als 4. Kind einer großen Farmerfamilie, war davon betroffen. Sein einziger Ausweg war ein Job. Viele Zogen quer durch die Bundesstaaten. Manche zog es gleich in die größeren Städte.
Die beginnende Industriealisierung zeigte sich vor allem daran, dass immer mehr Menschen als billige Arbeitskräfte schufteten. Evan, mittlerweile im 20. Lebensjahr, siedelte 1880 nach Montana über. Er kam als Minenarbeiter im Bergbau unter. Ein knochenharter Job, der den Männern alles abverlangte, was sie leisten konnten. In der Stadt Butte arbeiteten damals Hunderte von Bergmännern unter Tage. Und einer von ihnen war Evan. Die Bergwerksbetreiber rieben sich freilich die Hände, denn die meisten Männer bekamen nur einen Hungerlohn. Ganze Städte sind erst durch diese Ansiedlungen entstanden. Die Freizeitgestaltung in diesen Siedlungen sah auch Wrestling vor. Hier begann Lewis als Wrestler. Zunächst blieb es bei diesen Wrestling Matches auf lokaler Ebene. Die Zeit im Bergbau verging und zwei Jahre später, 1882, bestritt er schon die ersten Matches, die einem Profi-Athleten näher kamen. Die ersten Gegner von Lewis waren ebenfalls Wrestler, die unbekannt waren und fast keinen Namen im Wrestling hatten. So auch Edwin Edwards und Harry Lennon. Viele Gegner in Montana kamen aus den Bergwerkssiedlungen. Dort veranstaltete man zum Zeitvertreib diverse Wrestling Turniere. Der Sieger solcher Turniere gewann meist neben dem Geld auch eine Trophäe. Wer den Titel des jeweiligen Bundesstaates erringen konnte, der war schon "ganz oben" angekommen. Das Problem war, dass der "catch-as-catch-can style" in den USA bis 1881 keinen landesweiten Titel besaß. Erst als sich dieser etablieren konnte, brachte das auch für viele Wrestler den erhofften Aufstieg. Doch noch war Lewis weit davon entfernt, diesen Titel in den Händen zu halten. Joe Acton, ein Champion aus England, war die schillernde Figur dieser Tage im catch as catch can. Und das noch für lange Zeit. Neben den Wrestlern im "greco-roman style", drängten zu Beginn der Pro-Wrestling Ära immer mehr Wrestler in den Freistil, den Lewis zweifelsohne am besten verkörperte.
Darin eingebunden waren auch noch die alten "collar and elbow Wrestler". Diese Wrestler waren bis Ende der 1880er Jahre stark daran beteiligt, dass das Wrestling in Amerika auf mehrere Stile ausgeweitet wurde. Bestand die Tradition vorher noch im "collar and elbow style", so waren nun der greco-roman, catch-as-catch-can und der "mixed style", die bestimmenden Stile des Amerikanischen Wrestlings. Darin eingebunden waren die zahlreichen alten Stile aus England, die sich mehr oder weniger miteinander vermischten. Einer der ersten Gegner von Lewis war der Wrestler Edwin Edwards. An der Hinterseite des Warenhauses von J.A. Moss & Co. in Butte, veranstaltete man ein großes Wrestling Turnier dieser Tage mit 128 Wrestlern. In Butte/Montana standen sich beide am 24. Mai 1882 gegenüber. Nach der sechsten Runde schaffte es Edwards den Sieg einzuheimsen, als er Lewis auf die Matte bezwingen konnte. Das Match war der erste Kampf des Turniers, und zugleich auch der beste des Abends. Beide schenkten sich nichts. Die Turniere in den Arbeitslagern brachten bereits damals schon ein großes Interesse an Ringkämpfen hervor. So war es nicht selten, dass ganze Gruppen von Wrestlern daran teilnahmen. Edwards konnte zwei Tage später das Turnier für sich entscheiden und kassierte den ersten Preis, sowie 100$ Siegprämie. Ein gewisser Pete Ehrmann, von der "Butte Daily Miner", behauptete, Lewis hätte bei dem Turnier den Montana Title gewonnen. Wie glaubhaft diese Aussage ist, bleibt fraglich. Einen Tag später, am 25. Mai 1882, schaffte es Walter Jane ihn in die Schranken zu verweisen. Nun war die Zeit in Montana, für den Aufstieg als Wrestler, für Lewis nicht von entscheidender Bedeutung gewesen. Zusehens musste er Matches bestreiten, die ihm als angehenden Profi-Athleten gerecht werden konnten. Und so beendete er Ende 1882 die Arbeit im Bergwerk von Butte, und kehrte zurück nach Wisconsin. In den ländlichen Orten hier kämpfte er noch eine Weile weiter. Mit der Zeit schaffte er es zum haushohen Favoriten in Wisconsin. Aber die Konkurrenz schläft ja bekanntlich nicht. Und nun kämpfte Lewis mit immer mehr Gegnern, die ebenfalls an die Spitze drängten. Die Spitze, dass war eigentlich nur Joe Acton, der "American catch as catch can Champion", Edwin Bibby und Martin "Farmer" Burns, der Erzfeind von Lewis aus Iowa. Die Zeit in Dodgeville brachte aber nicht den erhofften Erfolg, da es lange Zeit noch bei den regionalen Matches blieb. Wichtige Wrestler die ihm hier begegneten waren z.B. Ben Knight und Charles Moth.
Nun hatte man im Freistil der USA den landesweit anerkannten Titel, den Acton 1881 in England im Kampf gegen Tom Cannon erringen konnte. Daneben gab es noch die Trophäen der Police Gazette und eine ganze Reihe von Titeln in den Bundesstaaten. Einer davon war der Montana Title. Im Kampf gegen Ben Knight vom 21. März 1883 in Dodgeville/Wisconsin, soll Lewis angeblich als "Montana Champion" angekündigt worden sein. Weitere Spekulationen meinen, er habe ebenfalls um den "Wisconsin Title" gekämpft. Die Geschichte, die offensichtlich eine Geschichte ist, dürfte ins Märchenreich gehören, da keine dieser Aussagen bewiesen ist. Die Zeitungen drehten sich die Ergebnisse und Tatsachen zu ihren Gunsten ins rechte Licht. Das dadurch eine Menge Unsinn publiziert wurde, dass war den Redakteuren egal. Hauptsache es brachte Geld ein.
Aber auch ein weiterer Erzfeind von Lewis, Jack Carkeek, kämpfte in Wisconsin gegen ihn. Zwei datierte Matches gibt es aus dem Jahre 1883. Carkeek bezwang Lewis am 18. Mai in Dodgeville mit einem 2 zu 0 Fall. Und ein weiteres Mal am 10. Oktober in Darlington/Wisconsin mit einem 2 zu 0 Fall (Cornish style, catch-as-catch-can, in jackets). Carkeek zeigte Lewis schon früh, dass er nicht zu unterschätzen ist. Das bewiesen auch weitere Matches in späterer Zeit. Wer war eigentlich dieser Jack Carkeek? Er wurde am 22. Januar 1861 in Rockland, Ontonagan county, Michigan geboren. Er war wie Lewis am Anfang ein Niemand im Wrestling, und kämpfte sich dann später zum besten Wrestler in Michigan hoch. Auch in Wisconsin konnte er sich teilweise behaupten. Sein Kampfstil war häufig der Cornish style, den er dann mit dem catch as catch can style gut verbinden konnte. Das gleiche traf ebenfalls auf Lewis zu. Er gehörte zu den ersten namhaften Wrestlern die diesen "American Freestyle" überhaupt erst bekannt gemacht haben.
Zu Jack Carkeek schrieb die Police Gazette am 24. November 1883 folgende Zeilen:
"John Jack Carkeek, the famous Cornish wrestler, of Michigan, was born in Rockland, Ontonagan county, Michigan, January 22, 1861, and is now near 23 years old. He entered the wrestling ring at the age of 16, and won the fourth prize in a Cornish wrestle. The following year he won the third prize, and has won the first prize every year since, except one. On May 18 he met Mr. Evan Lewis, champion of Montana, at Dodgeville, Iowa county, Wis., and threw him in 20 minutes. He has thrown all the best men of Michigan and Wisconsin and is open to the world, to wrestle Cornish style, in jackets. He stands five feet ten inches in his bare feet, weight in condition, 180 pounds; measures 42 1/2 inches around the chest. He is anxious for a match with anybody for any amount, to wrestle Cornish rules, in jacket. Persons desirous of making a match can address him, James Bennett or Phil. Lewis, at Darlington, Wis., and arrangements can then be made."
Häufig trat Evan nun in Madison an, einer größeren Stadt in Wisconsin, dort wo er aufgewachsen ist und lange Zeit lebte. In Madison befand sich 1885 auch ein Wrestler mit dem Namen James Faulkner, der sich als "World Champion" bezeichnete. Nun war es einfach, dass man sich mal schnell "champion wrestler of the world" nannte. Eine Legitimation hatte Faulkner, wie die meisten anderen, nicht. Wie sollte er auch? Gab es doch noch keinen wirklichen "World Champion". Die Wrestler im "American Catch Wrestling", wie man den catch-as-catch-can style derweilen auch noch nannte, hatten allenfalls den Status eines "American Champions" inne, aber nie den eines weltweiten. Faulkner, der prompt ein Match gegen Lewis forderte, konnte nicht wirklich viel ausrichten. Der "World Champion" und Lewis standen sich am 30. Mai 1885 in Madison Auge in Auge gegenüber. Faulkner bemerkte in dem Match sehr schnell, dass Lewis kein leichter Gegner war, mit dem er einfach so umspringen konnte, wie er wollte. Das Resultat dieses Kampfes war ein Sieg für Lewis, und eine herbe Niederlage für den "World Champion" James Faulkner. Auch die Presse vermeldete dieser Tage einigen Spott über Faulkner. Er sei nun gar nicht mehr berechtigt, die Bezeichnung eines "World Champion" zu führen. Wer weiß wie ernsthaft das Faulkner wirklich nahm?
Ein deutscher Wrestler mit dem Namen Charles Moth, war der nächste Gegner, der sich Lewis in den Weg stellte. Er war zwar mit 204lbs etwas schwerer als Lewis, aber eigentlich kein wirklich schwerer Gegner. Die Niederlage für Moth kam dann auch ganz schnell, am 18. Juni 1885 in Dodgeville. Also in Lewis‘ Revier. Er bezwang den Deutschen binnen kurzer Zeit.
Madison eröffnete Lewis auch erstmals die Möglichkeit, gegen größere und namhaftere Gegner anzutreten. Und die nächste Herausforderung ließ nicht lange auf sich warten. Aus Frankreich kam nämlich ein Champion, der schon viel in seiner Heimat erreicht hatte, Andre Christol, der "vergötterte Andre". Das darf man ruhig ernst nehmen. Die Franzosen haben ihn geliebt, verehrt, hochleben lassen, rundum also vergöttert. Und Christol war ein ernstzunehmender Gegner, wenn es um den greco-roman style ging. Einem Stil, dem Lewis nie Herr werden konnte. Das kommende Match der beiden zog dann auch eine Schar von Menschen in den "Lake City Summer Garden" in Madison. Am 20. August 1885 musste sich der "vergötterte Andre" gegen Lewis geschlagen geben, der mit 3 zu 0 Falls siegte. Eine Schlappe, die in Frankreich schon fast Bestürzung auslöste. Die französischen Fans konnten es fast gar nicht glauben, dass ihr Champion verlor. Christol verließ hiernach verbittert die Stadt, und sagte noch, dass er in nunmehr 24 Jahren Wrestling, keinem Wrestler begegnet sei, wie Lewis einer war. Die Niederlagen gegen den Strangler dürfte Christol noch lange Zeit begleitet haben. Die Franzosen waren hinlänglich dafür bekannt, nachtragend zu sein. Wenn ein französischer Champion dann auch noch im eigenen Lande verlor, war die Verbitterung groß. Nachdem der französische Nationalheld Christol aus dem Weg geräumt wurde, stellte sich der nächste Gegner in den Weg von Lewis. Und der war erst recht nicht zu unterschätzen, Tom Cannon. Vom Altmeister Cannon konnte man sich dieser Tage einiges abschauen, vor allem was den Freistil betraf. In den USA gehörte er nicht ohne Grund zur Spitze. Es war Cannon, der vielen Zeitgenossen den Freistil näherbrachte.
Nun brachten diese Matches in Madison für Lewis sicherlich den Heimvorteil ein. Und in gewisser Weise trugen sie auch zum Aufstieg bei. Aber im Großen und Ganzen wäre Lewis wohl für immer einer dieser regional bekannten Wrestler geblieben, wenn ihn nicht ein Manager entdeckt hätte. Die Stärke von Evan bestand mittlerweile darin, Würgegriffe anzusetzen. Und das in unterschiedlichen Variationen. Lewis wurde in den Jahren zu einem wahren Würgegriff-Spezialisten. Wie schmerzlich und unangenehm solche Würgegriffe sind, dass bemerkten einige Gegner ziemlich schnell. Das nächste Match gegen Tom Cannon bewies das erst recht. Die beiden Größen im Wrestling kämpften nämlich am 21. Dezember 1885 in Madison gegeneinander. Cannon brachte während des Kampfes einen body hold an und stemmte Lewis in Luft. Danach ließ er ihn hart in die aufgestellten Scheinwerfer krachen, und stürzte sich mit seinem Gewicht auf Lewis. Lewis war zwar nicht so kräftig gebaut wie Cannon, dafür aber schneller, gewandter und flinker. Kurze Zeit später war er schon wieder voll im Kampfe. Nun passierte etwas nicht Alltägliches. Beide Kontrahenten befanden sich noch immer außerhalb des Ringes. Durch eine missglückte Aktion gab die Bühnenkonstruktion nach und stürzte in sich zusammen. Der Kampf ging nun draußen weiter. Cannon wehrte zunächst einige Aktionen von Lewis ab, lief dann aber trotzdem in den gefürchteten "strangle hold". Jener unscheinbare und schnell angesetzte Griff, der vielen Wrestlern den Gar ausmachte. Sie sahen nur noch schwarz vor Augen und wurden bewusstlos. Cannon musste sich nun anstrengen, da schnell wieder herauszukommen. Lewis nutzte die Gunst der Stunde und griff plötzlich von hinten an mit dem Unterarm und würgte Cannon. Der konnte sich nur noch dadurch befreien, in dem er die Arme vor Verzweifelung in die Luft riss und abklatschte. Lewis gewann den Kampf mit 2 zu 0 Falls. Die Zeitung "Oshkosh WI Daily Northwestern" schrieb einen Tag später: "... to save himself from being choked to death, clapped his (Cannon) hands frantically in the air and gave up. After an apparent Lewis in was declared "no fall" by the referee, Lewis registered falls in 4:00 and 8:00 to make quick work of it and give ample illustration of why he will go down in history as "The Strangler". Both men weighed about 200 pounds. After the match Cannon pronounced Lewis the greatest wrestler in the world.". Die Wrestlingwelt steht ja bekanntlich nie still und so führte der Weg nach Chicago. In jene Stadt, wo der Name Evan Lewis Wrestlinggeschichte schreiben sollte.
Etwa um das Jahr 1883, als er aus Montana zurückkam, wurde Evan „Professional„. Nicht das er es selbst bemerkt hätte, aber in der immer stärker werdenden Konkurrenz, konnte man sich nur mit professioneller Hilfe durchsetzen. Als Lewis mal wieder in Wisconsin kämpfte, befand in den Zuschauerreihen auch ein Mann, der von seinem Können überzeugt war. Er machte es sich zur Aufgabe Evan zum Profiathleten zu führen. Der unscheinbare Mann, der da in den Rängen sitzte, war Thomas Gill, ein Gleisarbeiter einer Eisenbahngesellschaft aus Milwaukee. Gill war der führende Mann im Hintergrund, zusammen mit dem späteren Manager von Lewis Charles E. Davies, genannt "The Parson". Gill wurde zum Geldgeber für Lewis und machte aus dem regional bekannten Wrestler einen Profi - Wrestler, der in den ganzen USA bekannt wurde. Wenn es um Wetteinsätze, Kampfpaarungen und jegliche andere Dinge ging, dann waren Gill und Davies die führenden Köpfe in den Hinterzimmern. Duncan McMillan wurde Evan´s Trainer. Ein recht gescheiter Mann, der von Anfang an wusste, welche Stärken Lewis wirklich hatte.
[Bild: http://www.wwf4ever.de/team/ronald/Lewis.jpg]
Den Namen "The Strangler" bringt man unweigerlich mit Ed Lewis, alias Robert Friedrich, in Verbindung. Ed Lewis war der Mann, der diesen Namen berühmt machte. Doch die Geschichte des Stranglers begann bereits 20 Jahre vor ihm. Im 19.Jh. kämpfte ein Pionier des Amerikanischen Wrestlings in den größten Matches dieser Epoche. Er ist wohl einer der unbekanntesten Wrestler. Selbst Insider können nur wenig in Verbindung bringen mit dem Namen Evan Lewis, dem originalen Strangler. Er hat als Pionier viel bewirkt und war entscheidend am Aufbau des Profisports beteiligt. Man kann die Wrestler der unterschiedlichen Zeitspannen nur schwer miteinander vergleichen. Jeder war in gewisser Weise ein Champion seiner Zeit. Die nächste Generation verkörperte hingegen schon wieder einen anderen Stil. Die Struktur des Wrestlings setzte sich noch vollkommen anders zusammen, als heute. Damalige Wrestler verkörperten den Stil des Wrestlings in ihrer Zeit. Die Charaktere von damals sind allerdings so unterschiedlich, dass sie kaum einen Vergleich zulassen. Lewis war, neben Martin Burns und William Muldoon, einer der drei großen Wrestlingpioniere in Nordamerika.
Evan Lewis wurde am 24. Mai 1860 in dem kleinen Ort Ridgeway, Iowa County im US-Bundesstaat Wisconsin geboren. Über seinen Geburtsort gibt es unterschiedliche Angaben: Ridgeway gab ein Nachfahre von Lewis an. Beloit/Wisconsin gab der damals bekannte Ringrichter Edward D. Smith an. Smith schrieb kurz vor seinem Tod eine umfangreiche Publikation über seine Erlebnisse als Ringrichter. In diesem Bericht ging er auf zahlreiche Charaktere des Wrestlings ein. Hauptsächlich beschrieb er wichtige Wrestler wie Frank Gotch oder George Hackenschmidt. Diese beiden Athleten waren lange Zeit die dominierenden Erscheinungen Anfang des 20.Jh.. Gerade sie lieferten sich die größten Matches und füllten so manche Titelseiten.
Spekulationen und Gerüchte spiegeln einen Teil von Lewis‘ Leben wieder. An einigen Stellen kann zwar ein gewisser Zusammenhang hergestellt werden, aber an anderer Stelle fehlen die Informationen total. Doch das ist kein seltenes Phänomen. Bei alten Champions im 19.Jh. kann man Vieles nicht mehr nachvollziehbar auswerten. Zum einen fehlt schlichtweg das Material, und zum anderen sind viele Matches gar nicht erst festgehalten worden. Als gute Informationsquellen erweisen sich die Zeitungen aus dieser Zeitspanne. Da sie oft über anstehende Matches berichteten, konnte man eine gewisse Liste an Matches zurückverfolgen. Doch das Problem, mit den nur schwer auswertbaren Daten, betraf nicht nur die Person Evan Lewis. Generell beschäftigten sich damals sehr wenige Menschen mit der Dokumentation von Wrestlinggeschichte. Und hier liegt auch drin begründet, warum es Mythen und Legenden über viele damalige Wrestler gab.
Evan Lewis war das vierte Kind von William und Elizabeth Lewis. Sein Vater wurde 1822 in Wales geboren, die Mutter 1829 in England. Die Familie entsprach dem typischen Bild der Zeit: Viele Menschen lebten im 18. und 19.Jh. noch auf dem Lande. Selbst solche riesigen Städte wie New York oder Los Angeles hatten damals nur ein paar tausend Einwohner. Das große Leben spielte sich also zwangsläufig auf dem Lande ab. Der Vater William Lewis besaß in Ridgeway eine große Farm und arbeitete als Schlachter. Die Familie von Evan hatte ebenfalls viele Mitglieder. So sind alleine acht Geschwister überliefert. Doch das war damals nicht ungewöhnlich. So wuchs der kleine Evan auf einer der zahlreichen großen Farmen der USA auf. Evan half seinem Vater auf der Farm. Die doch enorm harten Arbeiten, die dabei angefallen sind, trainierten aber auch zugleich den Körper von Evan. So hatte er bereits im Alter von 15 Jahren einen gut gebauten athletischen Körper. Die ländlichen jungen Athleten trainierten fast nie mit Gewichten. Und wenn, dann bauten sie sie selbst zusammen.
Auffallend bei fast allen Wrestlern im 19.Jh., die von einer Farm kamen, war deren stark ausgeprägte Nackenmuskulatur. Das war etwa bei Leuten wie Martin Burns der Fall. Die Arbeit war knochenhart und beanspruchte den ganzen Körper. Viele Männer dachten sich dabei auch die unterschiedlichsten Trainingsmethoden aus. So kam allmählich das Holzhacken als Training in Mode. Auch das Hammerwerfen oder das Stemmen von Tieren und Gegenständen wurde ins Training einbezogen. Jeder der frühen Athleten hatte so seine eigene Variante des Trainings. Die Zeit auf der Farm war für Lewis allerdings von Anfang an uninteressant. Zunehmender interessierte er sich für das Wrestling. Wer ihn sich auf den Bildern genauer betrachtet, der kann aber kaum einen gut gebauten Körper erkennen. Aber das täuscht. Viele Gegner haben ihn unterschätzt, da er ja kein Schwergewicht war, und das während des gesamten Zeitraumes seiner Karriere. Die meiste Zeit verbrachte Evan dort, wo er aufgewachsen ist, in Madison/Wisconsin. Nur noch selten war er draußen auf der Farm in Ridgeway, westlich von Madison. Sein Weg führte ihn Anfang der 1880er Jahre in den weiter westlich gelegenen Bundesstaat Montana.
Das Pro-Wrestling und damit auch der Profiringkampf begann sich gerade erst zu entwickeln. Die "Pro-Wrestling Ära" setzte in Nordamerika um 1880 ein. In dieser Zeit versuchten eine handvoll bekannter Wrestler in das Profigeschäft einzusteigen. Das Problem war nur, dass es so gut wie keinen professionellen Sport gab. Vorher waren alle Wrestler mehr oder weniger Amateure. Sie erlernten das Wrestling, das damals noch ein wirklicher harter Mattensport war, unter einfachsten Bedingungen. Da gab es die Wrestler, die auf Jahrmärkten und im Zirkus kämpften. Manche wanderten als Ausflügler von zu Hause aus und durchstreiften ganz Nordamerika. Andere Wrestler kämpften in Bars und Theatern. Wieder andere kämpften in den Streitkräften der USA oder auf der heimischen Farm. Die ganze "Wrestlingszene" war rundum erst im Aufbau. In den Anfängen des Pro-Wrestling um 1880 waren in Amerika lediglich einige wenige Wrestler und Boxer bekannt. Um wenigstens national bekannt zu sein, musste man aber schon ein paar Kämpfe zwischen New York und Los Angeles sowie Chicago und New Orleans hinter sich gebracht haben. Obwohl die Ära der Jahrmarkt-und Kirmeswettkämpfe noch einen großen Zuspruch fand, begannen die Wrestler nach Ende des Amerikanischen Bürgerkrieges 1865, ihren Sport verstärkt professionell auszuüben. Es wirkt vielleicht primitiv, aber für die damaligen Wrestler war es im Prinzip die einzige Möglichkeit ins Profigeschäft einzusteigen. Und genau diese Wrestler waren für den Übergang des Wrestlings von Jahrmärkten in die Clubs und Veranstaltungshallen verantwortlich.
Die "Gaslicht Ära" ist angebrochen. In jene Zeit fällt auch das Debüt des Evan Lewis als Wrestler. In den USA fehlte es aber an einigen Stellen am Professionalismus. So waren die Wrestlingkämpfe äußerst brutal, dauerten oft Stunden und waren wenig unterhaltsam. Selbst im Boxen schlug man sich mit bloßen Fäusten, solange bis die bekannten "Queensberry Regeln" von 1866/67 den Einsatz von Boxhandschuhen vorschrieben. Benannt wurden diese nach dem achten Markgrafen von Queensberry, John Sholto Douglas. Die Wrestler in den Streitkräften hatten so ihre eigene "Szene" aufgebaut. So veranstaltete man schon hier etliche Wrestlingturniere in den Camps der Soldaten, um die Moral in der Truppe aufrechtzuerhalten. Doch nach Ende des Krieges 1865 verfielen diese Turniere, da man das Wrestling allmählich als Geldgeschäft entdeckte und einige geschickte Veranstalter es gut vermarkteten. Doch um das Interesse am Wrestling zu steigern, mussten Veränderungen her, wie Zeitlimits, Kampfregeln und vor allem Veranstaltungshallen. Das Groh der Kämpfe wurde nämlich bis Mitte des 19.Jh noch unter freiem Himmel ausgetragen. Das war wahrlich manchmal für die Zuschauer nicht angenehm, vor allem wenn ein Match 6 Stunden dauerte. Aber auf Grund der einsetzenden Veränderungen in den 1880er Jahren, wurde Wrestling bis zur Jahrhundertwende 19./20.Jh. zu eine der populärsten Sportarten der USA neben Baseball und Pferderennen.
Die Veranstaltungen an denen die Wrestler teilnahmen, in der Zeitspanne 1750 bis 1880, wirken im heutigen Vergleich sehr primitiv. Die meisten Wrestler vor Lewis, wie James Hiram McLaughlin und Henry Moses Dufur, waren als Ausflügler unterwegs und traten häufig bei Kirmesveranstaltungen auf, oder sie waren im Zirkus unterwegs. Überhaupt versprachen solche Auftritte nie den großen Erfolg. Was man brauchte waren eben Veranstaltungshallen. Das jedoch war Mitte des 18.Jh. noch unvorstellbar. Zwar konzentrierte sich das Wrestling bereits um 1800 auf einige Bereiche der USA, wie etwa Vermont, Virginia und Louisiana, aber der meiste Teil der Veranstaltungen fand sowieso lokal/regional statt. Und diese wurden manchmal selbst im benachbarten Dorf kaum beachtet. Wie sollte man da bekannt werden? Selbst im angrenzenden Bundesstaat sind viele Wrestler noch vollkommen unbekannt. Das traf auch auf Lewis zu. Viele hatten nur einen Namen in ihrer Heimat, oder dort wo sie oft auftraten. Häufig setzte man nur ein Match pro Show fest. Nicht selten verliefen Matches hier über Stunden. Die Zuschauer sahen dann, wie stundenlang irgendwelche Rangeleien ausgetragen wurden. Selbst zu Beginn der Pro-Wrestling Ära hatte man noch kein generelles Zeitlimit eingeführt. Das bemerkte man damals besonders bei den Kämpfen zwischen William Muldoon und Clarence Whistler, die sogar 10 Stunden miteinander rauften. In den 1880er Jahren setzten dahingegen einige Veränderungen ein, was u.a. Zeitlimits und Regeln betraf.
Die angesprochenen Veränderungen kamen natürlich den Wrestlern dieser Zeitspanne zu Gute. In Lewis‘ Ära setzte die sogenannte "Gaslicht Ära" des späten 19.Jh. ein. Man hatte plötzlich eine Vielzahl von Veranstaltungshallen, in denen das Licht mit Gas erzeugt wurde. In diesen Tagen eine sehr kostspielige Angelegenheit. Die Erzeugung von Licht durch Gas war aufwändiger, als die durch elektrischen Strom. Auch war der Verdienst und die Einnahmen bei den Shows nicht unbedingt hoch. Die Kosten für die Hallenmiete, das Licht und die Gagen haben die Einnahmen fast vollkommen verschlungen. Die größte Einnahmequelle waren die Wetteinsätze. Diese konnten unterschiedlich hoch ausfallen. Mit dem Verkauf von Eintrittskarten, erzielte man noch nicht den großen Gewinn. Das Wetten übertraf alles andere, solange bis die Zuschauer bemerkten, dass bei den großen Kämpfen oft etwas nicht stimmte. Während der "Gaslicht Ära" entstanden zahlreiche Opernhäuser und Theaterhallen, wie etwa die alterwürdige "Battery D Armory" in Chicago. Wie Pilze aus dem Boden schossen Bars, Lokale und Saloons. In Amerika entstand somit eine eigene Wrestlingszene, die sich enorm von der auf dem Lande unterschied. Während die Wrestler in New York und Chicago schon gutes Geld verdienen konnten, blieb die Situation auf den Jahrmärkten ziemlich primitiv. Nicht viele Wrestler konnten hier wirklich aufsteigen. Erst in den großen Städten kam der Durchbruch, und der Aufstieg zum Profi. Die großen Zentren des Wrestlings während der "Gaslicht Ära" waren Chicago, New Orleans, San Francisco, Boston und New York. Obwohl sich in New York noch lange die Boxszene konzentrierte. Hier an der Ostküste hatten sich drei Leute einen hohen Namen erarbeitet. Der ehemalige Polizist William Muldoon, der Chefredakteur der New Yorker „Police Gazette" Richard Kyle Fox, und der Besitzer zahlreicher Bars, Clubs und Theater, Harry Hill. Besonders Hill ist mit der "Gaslicht Ära" eng verbunden. Nicht nur als Ringrichter trat er in Erscheinung. Er gründete in New York den "Harry Hill´s Club". Ein Club, wo zahlreiche Boxer und Wrestler trainierten. An abendlichen Veranstaltungen trafen sich hier die größten Stars des 19.Jh.. Auch die feine Gesellschaft ging bei Harry Hill ein und aus. Bekannte und beliebte Treffpunkte in ganz New York, waren Hill´s Theater in der Houston und Crosby Street. Die "Szene" in New York war für Lewis weniger von Interesse. Ein Großteil seiner Karriere bestritt er in Chicago. Hier fand man größere Kämpfe der aufstrebenden "catch-as-catch-can" Wrestler, wie Lewis einer war.
Das Interesse für den Wrestlingsport entdeckte er zwar schon früh, auf der Farm im heimischen Ridgeway, doch hier konnte man damit kein Geld verdienen. Ruhm hatten sich selbst die namhaften Wrestler jener Zeit erst sehr schwer erkämpfen müssen. Allmählich wuchs Evan zu einem Mann heran, der mehr im Sinn hatte, als nur Farmer zu werden. Nach dem Tod seines Vaters 1874 musste sich Evan ein eigenes Standbein schaffen. Dass bedeutete einen enormen Lebenswandel, hin zu mehr Selbstständigkeit. In Lewis' Ära machte sich in den USA das Problem mit dem "Erstgeborenenrecht" bemerkbar. Die Farmer und Ranger vererbten ihr Land normalerweise an das älteste Kind. Doch was sollte nun aus den anderen Kindern werden? Sie hatten meist nichts, waren arm und mussten ums Überleben kämpfen. Auch Evan, als 4. Kind einer großen Farmerfamilie, war davon betroffen. Sein einziger Ausweg war ein Job. Viele Zogen quer durch die Bundesstaaten. Manche zog es gleich in die größeren Städte.
Die beginnende Industriealisierung zeigte sich vor allem daran, dass immer mehr Menschen als billige Arbeitskräfte schufteten. Evan, mittlerweile im 20. Lebensjahr, siedelte 1880 nach Montana über. Er kam als Minenarbeiter im Bergbau unter. Ein knochenharter Job, der den Männern alles abverlangte, was sie leisten konnten. In der Stadt Butte arbeiteten damals Hunderte von Bergmännern unter Tage. Und einer von ihnen war Evan. Die Bergwerksbetreiber rieben sich freilich die Hände, denn die meisten Männer bekamen nur einen Hungerlohn. Ganze Städte sind erst durch diese Ansiedlungen entstanden. Die Freizeitgestaltung in diesen Siedlungen sah auch Wrestling vor. Hier begann Lewis als Wrestler. Zunächst blieb es bei diesen Wrestling Matches auf lokaler Ebene. Die Zeit im Bergbau verging und zwei Jahre später, 1882, bestritt er schon die ersten Matches, die einem Profi-Athleten näher kamen. Die ersten Gegner von Lewis waren ebenfalls Wrestler, die unbekannt waren und fast keinen Namen im Wrestling hatten. So auch Edwin Edwards und Harry Lennon. Viele Gegner in Montana kamen aus den Bergwerkssiedlungen. Dort veranstaltete man zum Zeitvertreib diverse Wrestling Turniere. Der Sieger solcher Turniere gewann meist neben dem Geld auch eine Trophäe. Wer den Titel des jeweiligen Bundesstaates erringen konnte, der war schon "ganz oben" angekommen. Das Problem war, dass der "catch-as-catch-can style" in den USA bis 1881 keinen landesweiten Titel besaß. Erst als sich dieser etablieren konnte, brachte das auch für viele Wrestler den erhofften Aufstieg. Doch noch war Lewis weit davon entfernt, diesen Titel in den Händen zu halten. Joe Acton, ein Champion aus England, war die schillernde Figur dieser Tage im catch as catch can. Und das noch für lange Zeit. Neben den Wrestlern im "greco-roman style", drängten zu Beginn der Pro-Wrestling Ära immer mehr Wrestler in den Freistil, den Lewis zweifelsohne am besten verkörperte.
Darin eingebunden waren auch noch die alten "collar and elbow Wrestler". Diese Wrestler waren bis Ende der 1880er Jahre stark daran beteiligt, dass das Wrestling in Amerika auf mehrere Stile ausgeweitet wurde. Bestand die Tradition vorher noch im "collar and elbow style", so waren nun der greco-roman, catch-as-catch-can und der "mixed style", die bestimmenden Stile des Amerikanischen Wrestlings. Darin eingebunden waren die zahlreichen alten Stile aus England, die sich mehr oder weniger miteinander vermischten. Einer der ersten Gegner von Lewis war der Wrestler Edwin Edwards. An der Hinterseite des Warenhauses von J.A. Moss & Co. in Butte, veranstaltete man ein großes Wrestling Turnier dieser Tage mit 128 Wrestlern. In Butte/Montana standen sich beide am 24. Mai 1882 gegenüber. Nach der sechsten Runde schaffte es Edwards den Sieg einzuheimsen, als er Lewis auf die Matte bezwingen konnte. Das Match war der erste Kampf des Turniers, und zugleich auch der beste des Abends. Beide schenkten sich nichts. Die Turniere in den Arbeitslagern brachten bereits damals schon ein großes Interesse an Ringkämpfen hervor. So war es nicht selten, dass ganze Gruppen von Wrestlern daran teilnahmen. Edwards konnte zwei Tage später das Turnier für sich entscheiden und kassierte den ersten Preis, sowie 100$ Siegprämie. Ein gewisser Pete Ehrmann, von der "Butte Daily Miner", behauptete, Lewis hätte bei dem Turnier den Montana Title gewonnen. Wie glaubhaft diese Aussage ist, bleibt fraglich. Einen Tag später, am 25. Mai 1882, schaffte es Walter Jane ihn in die Schranken zu verweisen. Nun war die Zeit in Montana, für den Aufstieg als Wrestler, für Lewis nicht von entscheidender Bedeutung gewesen. Zusehens musste er Matches bestreiten, die ihm als angehenden Profi-Athleten gerecht werden konnten. Und so beendete er Ende 1882 die Arbeit im Bergwerk von Butte, und kehrte zurück nach Wisconsin. In den ländlichen Orten hier kämpfte er noch eine Weile weiter. Mit der Zeit schaffte er es zum haushohen Favoriten in Wisconsin. Aber die Konkurrenz schläft ja bekanntlich nicht. Und nun kämpfte Lewis mit immer mehr Gegnern, die ebenfalls an die Spitze drängten. Die Spitze, dass war eigentlich nur Joe Acton, der "American catch as catch can Champion", Edwin Bibby und Martin "Farmer" Burns, der Erzfeind von Lewis aus Iowa. Die Zeit in Dodgeville brachte aber nicht den erhofften Erfolg, da es lange Zeit noch bei den regionalen Matches blieb. Wichtige Wrestler die ihm hier begegneten waren z.B. Ben Knight und Charles Moth.
Nun hatte man im Freistil der USA den landesweit anerkannten Titel, den Acton 1881 in England im Kampf gegen Tom Cannon erringen konnte. Daneben gab es noch die Trophäen der Police Gazette und eine ganze Reihe von Titeln in den Bundesstaaten. Einer davon war der Montana Title. Im Kampf gegen Ben Knight vom 21. März 1883 in Dodgeville/Wisconsin, soll Lewis angeblich als "Montana Champion" angekündigt worden sein. Weitere Spekulationen meinen, er habe ebenfalls um den "Wisconsin Title" gekämpft. Die Geschichte, die offensichtlich eine Geschichte ist, dürfte ins Märchenreich gehören, da keine dieser Aussagen bewiesen ist. Die Zeitungen drehten sich die Ergebnisse und Tatsachen zu ihren Gunsten ins rechte Licht. Das dadurch eine Menge Unsinn publiziert wurde, dass war den Redakteuren egal. Hauptsache es brachte Geld ein.
Aber auch ein weiterer Erzfeind von Lewis, Jack Carkeek, kämpfte in Wisconsin gegen ihn. Zwei datierte Matches gibt es aus dem Jahre 1883. Carkeek bezwang Lewis am 18. Mai in Dodgeville mit einem 2 zu 0 Fall. Und ein weiteres Mal am 10. Oktober in Darlington/Wisconsin mit einem 2 zu 0 Fall (Cornish style, catch-as-catch-can, in jackets). Carkeek zeigte Lewis schon früh, dass er nicht zu unterschätzen ist. Das bewiesen auch weitere Matches in späterer Zeit. Wer war eigentlich dieser Jack Carkeek? Er wurde am 22. Januar 1861 in Rockland, Ontonagan county, Michigan geboren. Er war wie Lewis am Anfang ein Niemand im Wrestling, und kämpfte sich dann später zum besten Wrestler in Michigan hoch. Auch in Wisconsin konnte er sich teilweise behaupten. Sein Kampfstil war häufig der Cornish style, den er dann mit dem catch as catch can style gut verbinden konnte. Das gleiche traf ebenfalls auf Lewis zu. Er gehörte zu den ersten namhaften Wrestlern die diesen "American Freestyle" überhaupt erst bekannt gemacht haben.
Zu Jack Carkeek schrieb die Police Gazette am 24. November 1883 folgende Zeilen:
"John Jack Carkeek, the famous Cornish wrestler, of Michigan, was born in Rockland, Ontonagan county, Michigan, January 22, 1861, and is now near 23 years old. He entered the wrestling ring at the age of 16, and won the fourth prize in a Cornish wrestle. The following year he won the third prize, and has won the first prize every year since, except one. On May 18 he met Mr. Evan Lewis, champion of Montana, at Dodgeville, Iowa county, Wis., and threw him in 20 minutes. He has thrown all the best men of Michigan and Wisconsin and is open to the world, to wrestle Cornish style, in jackets. He stands five feet ten inches in his bare feet, weight in condition, 180 pounds; measures 42 1/2 inches around the chest. He is anxious for a match with anybody for any amount, to wrestle Cornish rules, in jacket. Persons desirous of making a match can address him, James Bennett or Phil. Lewis, at Darlington, Wis., and arrangements can then be made."
Häufig trat Evan nun in Madison an, einer größeren Stadt in Wisconsin, dort wo er aufgewachsen ist und lange Zeit lebte. In Madison befand sich 1885 auch ein Wrestler mit dem Namen James Faulkner, der sich als "World Champion" bezeichnete. Nun war es einfach, dass man sich mal schnell "champion wrestler of the world" nannte. Eine Legitimation hatte Faulkner, wie die meisten anderen, nicht. Wie sollte er auch? Gab es doch noch keinen wirklichen "World Champion". Die Wrestler im "American Catch Wrestling", wie man den catch-as-catch-can style derweilen auch noch nannte, hatten allenfalls den Status eines "American Champions" inne, aber nie den eines weltweiten. Faulkner, der prompt ein Match gegen Lewis forderte, konnte nicht wirklich viel ausrichten. Der "World Champion" und Lewis standen sich am 30. Mai 1885 in Madison Auge in Auge gegenüber. Faulkner bemerkte in dem Match sehr schnell, dass Lewis kein leichter Gegner war, mit dem er einfach so umspringen konnte, wie er wollte. Das Resultat dieses Kampfes war ein Sieg für Lewis, und eine herbe Niederlage für den "World Champion" James Faulkner. Auch die Presse vermeldete dieser Tage einigen Spott über Faulkner. Er sei nun gar nicht mehr berechtigt, die Bezeichnung eines "World Champion" zu führen. Wer weiß wie ernsthaft das Faulkner wirklich nahm?
Ein deutscher Wrestler mit dem Namen Charles Moth, war der nächste Gegner, der sich Lewis in den Weg stellte. Er war zwar mit 204lbs etwas schwerer als Lewis, aber eigentlich kein wirklich schwerer Gegner. Die Niederlage für Moth kam dann auch ganz schnell, am 18. Juni 1885 in Dodgeville. Also in Lewis‘ Revier. Er bezwang den Deutschen binnen kurzer Zeit.
Madison eröffnete Lewis auch erstmals die Möglichkeit, gegen größere und namhaftere Gegner anzutreten. Und die nächste Herausforderung ließ nicht lange auf sich warten. Aus Frankreich kam nämlich ein Champion, der schon viel in seiner Heimat erreicht hatte, Andre Christol, der "vergötterte Andre". Das darf man ruhig ernst nehmen. Die Franzosen haben ihn geliebt, verehrt, hochleben lassen, rundum also vergöttert. Und Christol war ein ernstzunehmender Gegner, wenn es um den greco-roman style ging. Einem Stil, dem Lewis nie Herr werden konnte. Das kommende Match der beiden zog dann auch eine Schar von Menschen in den "Lake City Summer Garden" in Madison. Am 20. August 1885 musste sich der "vergötterte Andre" gegen Lewis geschlagen geben, der mit 3 zu 0 Falls siegte. Eine Schlappe, die in Frankreich schon fast Bestürzung auslöste. Die französischen Fans konnten es fast gar nicht glauben, dass ihr Champion verlor. Christol verließ hiernach verbittert die Stadt, und sagte noch, dass er in nunmehr 24 Jahren Wrestling, keinem Wrestler begegnet sei, wie Lewis einer war. Die Niederlagen gegen den Strangler dürfte Christol noch lange Zeit begleitet haben. Die Franzosen waren hinlänglich dafür bekannt, nachtragend zu sein. Wenn ein französischer Champion dann auch noch im eigenen Lande verlor, war die Verbitterung groß. Nachdem der französische Nationalheld Christol aus dem Weg geräumt wurde, stellte sich der nächste Gegner in den Weg von Lewis. Und der war erst recht nicht zu unterschätzen, Tom Cannon. Vom Altmeister Cannon konnte man sich dieser Tage einiges abschauen, vor allem was den Freistil betraf. In den USA gehörte er nicht ohne Grund zur Spitze. Es war Cannon, der vielen Zeitgenossen den Freistil näherbrachte.
Nun brachten diese Matches in Madison für Lewis sicherlich den Heimvorteil ein. Und in gewisser Weise trugen sie auch zum Aufstieg bei. Aber im Großen und Ganzen wäre Lewis wohl für immer einer dieser regional bekannten Wrestler geblieben, wenn ihn nicht ein Manager entdeckt hätte. Die Stärke von Evan bestand mittlerweile darin, Würgegriffe anzusetzen. Und das in unterschiedlichen Variationen. Lewis wurde in den Jahren zu einem wahren Würgegriff-Spezialisten. Wie schmerzlich und unangenehm solche Würgegriffe sind, dass bemerkten einige Gegner ziemlich schnell. Das nächste Match gegen Tom Cannon bewies das erst recht. Die beiden Größen im Wrestling kämpften nämlich am 21. Dezember 1885 in Madison gegeneinander. Cannon brachte während des Kampfes einen body hold an und stemmte Lewis in Luft. Danach ließ er ihn hart in die aufgestellten Scheinwerfer krachen, und stürzte sich mit seinem Gewicht auf Lewis. Lewis war zwar nicht so kräftig gebaut wie Cannon, dafür aber schneller, gewandter und flinker. Kurze Zeit später war er schon wieder voll im Kampfe. Nun passierte etwas nicht Alltägliches. Beide Kontrahenten befanden sich noch immer außerhalb des Ringes. Durch eine missglückte Aktion gab die Bühnenkonstruktion nach und stürzte in sich zusammen. Der Kampf ging nun draußen weiter. Cannon wehrte zunächst einige Aktionen von Lewis ab, lief dann aber trotzdem in den gefürchteten "strangle hold". Jener unscheinbare und schnell angesetzte Griff, der vielen Wrestlern den Gar ausmachte. Sie sahen nur noch schwarz vor Augen und wurden bewusstlos. Cannon musste sich nun anstrengen, da schnell wieder herauszukommen. Lewis nutzte die Gunst der Stunde und griff plötzlich von hinten an mit dem Unterarm und würgte Cannon. Der konnte sich nur noch dadurch befreien, in dem er die Arme vor Verzweifelung in die Luft riss und abklatschte. Lewis gewann den Kampf mit 2 zu 0 Falls. Die Zeitung "Oshkosh WI Daily Northwestern" schrieb einen Tag später: "... to save himself from being choked to death, clapped his (Cannon) hands frantically in the air and gave up. After an apparent Lewis in was declared "no fall" by the referee, Lewis registered falls in 4:00 and 8:00 to make quick work of it and give ample illustration of why he will go down in history as "The Strangler". Both men weighed about 200 pounds. After the match Cannon pronounced Lewis the greatest wrestler in the world.". Die Wrestlingwelt steht ja bekanntlich nie still und so führte der Weg nach Chicago. In jene Stadt, wo der Name Evan Lewis Wrestlinggeschichte schreiben sollte.
Etwa um das Jahr 1883, als er aus Montana zurückkam, wurde Evan „Professional„. Nicht das er es selbst bemerkt hätte, aber in der immer stärker werdenden Konkurrenz, konnte man sich nur mit professioneller Hilfe durchsetzen. Als Lewis mal wieder in Wisconsin kämpfte, befand in den Zuschauerreihen auch ein Mann, der von seinem Können überzeugt war. Er machte es sich zur Aufgabe Evan zum Profiathleten zu führen. Der unscheinbare Mann, der da in den Rängen sitzte, war Thomas Gill, ein Gleisarbeiter einer Eisenbahngesellschaft aus Milwaukee. Gill war der führende Mann im Hintergrund, zusammen mit dem späteren Manager von Lewis Charles E. Davies, genannt "The Parson". Gill wurde zum Geldgeber für Lewis und machte aus dem regional bekannten Wrestler einen Profi - Wrestler, der in den ganzen USA bekannt wurde. Wenn es um Wetteinsätze, Kampfpaarungen und jegliche andere Dinge ging, dann waren Gill und Davies die führenden Köpfe in den Hinterzimmern. Duncan McMillan wurde Evan´s Trainer. Ein recht gescheiter Mann, der von Anfang an wusste, welche Stärken Lewis wirklich hatte.
